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Frankfurter Stadtraum

Frankfurt hat anscheinend Angst vor seiner eigenen Mitte. Während sich das Bankenviertel, das Museumsufer, der neue Universitätscampus am Poelzigbau, ja sogar die neue Marketingaltstadt hervorragend entwickelt haben, bleibt die meist begangene Achse zwischen Rossmarkt, Hauptwache und Konstablerwache seltsam unbesetzt. Es mangelt an klaren Ideen für die Identität dieser Mitte und in der dann daraus abzuleitenden baulichen Struktur.


Gleichzeitig fehlt Frankfurt ein Ort, um die soziale Dimension Ihrer Erfolgsgeschichte zu präsentieren. Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist in den Türmen der Banken bildhaft dargestellt, die hohe kulturelle Kraft, gefördert aus der Mitte der Bürgerschaft mit dem Museumsufer bestens repräsentiert, der Führungsanspruch im Bildungssektor mit dem neuen Campus Westend überragend platziert, aber wo bleibt ein Bild, ein Ort für die sozialen Leistungen, für das Neue Frankfurt, für die Frankfurter Schule, für die Streitbarkeit der Nachkriegsfrankfurter, für den Anspruch einer generationsübergreifend lebenswerten Gesellschaft und in ganz besonderem Masse für die hohe Migrationsleistung dieser Stadt.


Diese kleine Studie befasst sich mit den Möglichkeiten beide Aspekte zusammenzubringen. Einerseits die Verdichtung der Stadt voranzutreiben und andererseits repräsentative Orte für den Austausch Ihrer Bewohner zu schaffen. Vorab: es braucht gar nicht soviel, um Schritt für Schritt dem Ganzen einen Rahmen und Orte mit unverwechselbarer Eigenständigkeit zu geben.

Frankfurt hätte und hat`s verdient.

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Das Bild der Stadt Frankfurt wird geprägt von einer Basisstrukur mit ähnlicher Höhe und den 2 Hochhauspulken an der Mainzer Landstrasse und im Bahnhofsviertel. Diese benötigen zur Entfaltung Ihrer Wirkung unbedingt eine dichte Basis. Je offener die Basis ist, umso weniger wirken die Türme. Weitere Verdichtungen der Basis sind möglich und auch notwendig.

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Ein Verlust der Dichte der Sockel verringert die Kraft der Türme und bedeutet ein Verlust der Masstäblichkeit. Öffentliche, zugängliche Sockelzonen sind für die Wahrnehmung und Akzeptanz der Stadt entscheidend.

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Zielbild "dichte Stadt" mit einem Wechsel aus Enge und Weite.

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Nicht anzustrebendes Bild der "weiten Stadt" mit unklaren Raumfolgen in den Sockelbereichen.

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Die Überlagerung der beiden Umkehrschwarzpläne von 2021 und 1895 zeigt grafisch den Verlust an stadträumlicher Qualität und an der vorher beschriebenen Dichte der Sockel.
Die hellgrauen Flächen sind Flächen, die in der Gründerzeitstadt bebaut waren. Ursachen für die Aufweitungen der Stadträume sind nach dem 2. Weltkrieg vorgenommene Verbreiterungen von Strassen, Freistellen von Gebäuden und Freilassen von ganzen Baublocks.
Einfach gesagt: es mangelt dem Stadtbild von heute an Dichte.
Ein parzellenscharfer Wiederaufbau der "Alten Stadt" ist allerdings weder wirtschaftlich noch architektonisch zielführend, wohl aber das Lernen aus den Fügungsprinzipien der vormaligen Stadt.
Nachverdichtungen sind gut möglich.

so isses 2021

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so war`s  1927

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so könnt's räumlich was werden

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so könnt's  inhaltlich was werden

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Gesamtkonzept

Aufbrüche

Die Idee:

Wenn Frankfurt als echte nicht virtuelle, oder künstliche Mitte in der Wahrnehmung der Bewohner einen Mittelpunkt besitzt, dann ist es der Bereich um die Hauptwache. Dieser wird schon immer als Auftakt in die merkantile Zone aber eben auch als Treffpunkt und Verkehrsknoten genutzt. Von einem definierten Platz oder von klaren Platzfolgen aber keine Spur. Der Sprachlosigkeit dieses Ortes kann mit der Idee des Forums beendet werden.

Das Projekt:

Ein offener Ort für einen offenen Austausch einer offenen Stadtgesellschaft schaffen.

Die Architektur:

Ist fraglos herausfordernd. Auch stadthistorisch eine komplexe Nahtstelle zwischen verschiedenen Achsen und Stadträumen. Effektive Massnahmen wären Verdichtungen an den Rändern, Schliessen von weiten Perspektiven und eine Definition der gefassten Mitte. Mit Stadtmöbeln ist dem Zustand nicht beizukommen.

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Austausche

Die Idee:

Frankfurt lebt Austausch und Migration zwischen und von allen: Deutschen, Nicht-Deutschen, Frankfurtern und Offenbachern, Künstlern und Nicht-Künstlern, Gebildeten und weniger Gebildeten, Eingebildeten. Schon immer. Integration statt Segregation. Dafür braucht es endlich auch einen einprägsamen Ort. Positives Stadtmarketing ist nicht nur die unabwendbare Frankfurter Altstadt- sondern eben auch das soziale Gesicht der Stadt

Das Projekt:

Angesichts der offensichtlichen baulichen Präsenz der Finanzwirtschaft und des Handels ist es an der Zeit in Frankfurt an die grosse historische und aktuelle soziale Dimension dieser Stadt zu erinnern. Inmitten der Stadt. Ein Zeichen und einen lebendigen Ort für sozialen Austausch, für Dokumentation der Migrationsgeschichte für Weiterbildungen, Seminare und Vorträge. Frankfurt hat mit Alter - und Neuer Frankfurter Schule und als Ausgangspunkt wichtiger auch kontroverser gesellschaftlicher Entwicklungen eine besondere Verantwortung Stellung zu beziehen. Wo ginge dies besser an einem Ort, der einstmals als Theaterplatz Kultur, Politik und Gesellschaft dargestellt und zusammengebracht hat.

Die Architektur:

Es gibt keinen vergleichbaren Ort in Frankfurt, an dem der Verlust der sogenannten „Alten Stadt“ durch die Zerstörungen des Weltkrieges so klar und schmerzhaft sind. Die einstmals sehr spannungsvolle, aber auch sehr fein ausnivellierte Abfolge zwischen den verschiedenen Platzräumen Schillerplatz, Goetheplatz und Rossmarkt ist vollkommen verloren gegangen. An deren Stelle sind Leerräume getreten ohne jede räumliche Fassung. Mit den klassischen Mitteln des Städtebaus können Räume verdichtet, Ränder geschlossen und Platzkanten wiederhergestellt werden.

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Generationen

Die Idee:

Generationen müssen zusammenkommen, sich im Herzen der Stadt austauschen, Alte sollen nicht in Bettenburgen im Irgendwo leben, Junge nicht in Suburbs. Belebt die Stadt. Das soziale Projekt. Generationen zusammenzubringen an einem zentralen Ort der Stadt. Hier an der ehemaligen Markthalle an der Schnittstelle Alter Stadt/Neuer Stadt und Jüdischem Ghetto/Christlicher Stadt ist der Ausgleich der verschiedenen Generationen eine zentrale Botschaft von maximaler gesellschaftlicher Tragweite.

Das Projekt:

Ein Haus für Studenten und Senioren. Oben wird geschaut, geholfen, teilgenommen; unten wird gelernt, gefeiert und kommuniziert. Beide Seiten helfen sich. Die Alten unterstützen die Jungen mit ihrem Wissen, die Jungen unterstützen die Alten mit Ihrer Tatkraft.

Die Architektur:

Der Platz an der Konstabler Wache ist ein Totraum. Historisch ein komplexes Geflecht aus sich durchdringenden Richtungen der Stadtentwicklung. Staufermauer, Zeil, Judengasse ergaben ein geometrisch vielfältigen Stadtraum. Der Durchstich der Kurt-Schuhmacher Strasse hat dies zerstört, nicht der 2. Weltkrieg. Ist reparabel. Mit dem Schliessen der 4. Platzseite oder dem Aufnehmen der Radialstruktur entsteht ein neuer Raum mit angemessener Dichte und Offenheit.

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Aufbrüche und Austausche

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Ein neuer kultureller Hochpunkt zentriert die Stadt in der geografischen und historischen Mitte, gibt den verlorenen Stadträumen wieder Fassung und ein Gegengewicht zu den bildmächtigen Bankentürmen.

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Detailbetrachtung möglicher Interventionen im Bereich Rossmarkt/Hauptwache


Gerade dieser gestalterisch vollkommen niveaulose Bereich, der gleichzeitig im Herzen und im Alltag eines Frankfurters das Zentrum der Stadt darstellt -man bedenke, was dies in Bezug auf das Selbstverständnis für negative Folgen haben muss- wäre mit wenigen gezielten volumetrischen Ergänzungen reparabel.

Am heutigen Standort des Gutenbergdenkmals, das im Ãœbrigen für die Raumnutzung unvorteilhaft inmitten der Freifläche platziert ist könnte ein präzise in die Fluchten gesetztes Volumen, das den Umkehrfall der freien Platzfläche darstellt, neue klar umrissene Platzräume definieren. Einerseits der langgestreckte Goetheplatz, andererseits der jetzt mit einer neuen Baumasse nach Norden begrenzte Rossmarkt. Mit der zweiten Massnahme wird die unglückliche Freistellung der Katharinenkirche zumindest visuell beendet und der Bereich um die Hauptwache gefasst. Zusätzlich könnten einige Strassenquerschnitte verringert werden, um die Wirkung der neu definierten Plätze zu erhöhen.

Mögliche Nutzungen der beiden neuen Gebäude sind im vorherigen Abschnitt schon grundsätzlich behandelt. Am Goetheplatz könnte ein Haus als Zeichen für den lebendigen Austausch zwischen Allen entstehen. Ein bewusstes Zeichen für Immigration, Integration eben nicht für Segregation. Die Hauptwache, kommunikativster Ort der Stadt, eignet sich bestens als Ort für Diskussion, als der Ort einer streitbaren Stadtgesellschaft. Beides passt nahtlos in der Tradition der Stadt: Diversität und Diskussionsfähigkeit.

Nach wie vor bleibt fraglos die ebenfalls stimmige Option am südlichen Ende des neuen Goetheplatzes, ehemals Theaterplatz, Spielstätten der Städtischen Bühnen unterzubringen, sozusagen als prominenter kultureller Gegenspieler zur genetisch veranlagten Finanzmetropole.

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Heute   Bereich Hauptwache

Vollkommen unklare Raumfolgen und fehlende Abgrenzungen machen es nicht möglich Anfang, Ende und Übergänge der nur als Worthülsen bestehenden einzelnen Plätze zu begreifen. Der Gesamtraum wird als Amöbe wahrgenommen.

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Historisch   Bereich Hauptwache

Theaterplatz, Goetheplatz, Rossmarkt und Schillerplatz waren klar definierte gut auffindbare und abgegrenzte Stadträume

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Zukünftig    Bereich Hauptwache

Goetheplatz, Rossmarkt und Hauptwache (Schillerplatz), können Plätze mit neuen, klaren Raumkanten werden. An jedem dieser Plätze befindet sich ein wichtiges öffentliches Gebäude.

Mit diesem Dreiklang der Plätze ergibt sich eine neue, aber auf den Prinzipien der historischen Stadt aufgebaute räumliche Logik. Die Massnahmen können als Bausteine zeitversetzt unter Beibehaltung des Bestandes umgesetzt werden.

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Raumbildung Goetheplatz Richtung Süden

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Raumbildung Rossmarkt Richtung Norden

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