Hauptwache in Frankfurt am Main
Räume schaffen - Erinnerungen behalten - Ausrichtung erfinden
Wie kann es gelingen die gestalterische Wüste inmitten der Stadt, das „Wohnzimmer“, die Hauptwache kurzfristig aufzuwerten und gleichzeitig die Botschaften einer offenen und liberalen Frankfurter Stadtkultur zu transportieren?
„Das Neue Frankfurt“ feiert in diesem Jahr seinen 100.Geburtstag. Die Region Frankfurt Rhein Main wird 2026 den Titel "World Design Capital 2026" tragen. Zeit etwas zu ändern. Flagge zeigen. Schnell.
Das ist auch möglich.
Mit der temporären Maßnahme eines Raumgerüstes als Träger der Menschen und Ihrer Geschichte wird einerseits der seit Kriegsende undefinierte Raum im Dreieck Rossmarkt, Hauptwache und Ziel permeabel geschlossen, andererseits nahbar und verständlich das kulturelle, politische und soziale Herz dieser Stadt sichtbar gemacht.
Die folgenden Visualisierungen zeigen den Stadtraum jeweils mit und ohne der Installation eines Raumgerüstes.
Das Projekt verbindet städtebauliche, soziale und kulturhistorische Aspekte zu einem ganzheitlichen Projekt im Sinne der offenen, toleranten und mutigen Stadt Frankfurt am Main.
Das „Wohnzimmer Frankfurt“, wie es in einem Wettbewerbsverfahren, ausgelobt von der Verwaltung Stadt Frankfurt in Zusammenarbeit mit dem DAM (Deutsches Architekturmuseum), genannt wurde. Wohnzimmer schon. Aber ohne Teppich, Möbel und sogar ohne Wände. Eigentlich nur ein Begriff. Der Raum um diesen Ort herum ist desolat, ungefasst und unverständlich. Er ist weit, ohne ein Platz zu sein, er ist vollgestellt, ohne benutzbar zu sein. Und er ist die Mitte Frankfurts, eben das Wohnzimmer. Hier treffen sich alle Wegesuchenden. Die Merkantilen aus der Zeil, die Verweilenden, die Touristen, die Geldleute, die Surfer, die Wohnsitzlosen. Eben Alle. Niemand versteht diesen Ort. Jeder kennt ihn und nutzt ihn. Eher unfreiwillig, fraglos aber ohne ein gutes Gefühl mitzunehmen.
Das ist die eine Seite.
Dann gibt es da noch das Bild von Frankfurt am Main als einer weltoffenen, bunten und multikulturellen Stadt. Und als eine Stadt, die mutige Dinge angestoßen hat und noch immer anstößt. Das haben Menschen gemacht. Menschen machen Geschichte, durch Einzelne wird sie nahbar und verständlich. Nicht durch ein abstraktes Gebilde wie eine Stadt. Wer kennt diese Menschen? Wenige. Das sollte geändert werden. Frankfurt kann auf diese Menschen stolz sein; auf die Frauen und Männer die kulturelle Bewegungen initiiert haben, die sich für Frauenrechte eingesetzt haben, die sich gegen den Nationalsozialismus gestellt haben. Menschen, die alle Vorbilder und Vorkämpfer für das waren, was Frankfurt eben ausmacht. Eine Stadt in der Demokratie gelebt wird. Und selbstverständliche Vielfalt. Wir sind eben alle Frankfurter, wie Hassan Annouri in seinem Film „Ich bin Frankfurter“ von 2023 und in seiner Initiative „Wir sind alles Frankfurter e.V.“ konstatiert und propagiert.
Sie ist aber in Gefahr. Demokratische Werte werden angezweifelt, es gilt immer mehr die Macht des Wortes, des Geldes, der gewollten Lüge und der Stärke. Nicht unbedingt die Macht der Menschlichkeit. Oft haben Menschen, deren Namen nicht populär, nicht mal bekannt sind, großartiges für unser Frankfurt geleistet. Und sie tun es noch heute. Das soll visualisiert und unterstützt werden.
Neben der Betrachtung der Wurzeln geht es auch um Akteure die heute auf der Basis der geschaffenen stabilen gesellschaftlichen Werte kulturell, politisch gesellschaftlich in unserer Stadt wirken.
Auch Ihnen soll eine Bühne geboten werden. Denkbar sind viele aktive Formate, die sich der Struktur der Kabinette und des Raumgerüstes bedienen. Die Installation soll weniger museal, eher lebensfroh und auffordernd wirken.
Städtebauliche Fassung eines ungeordneten zentralen Ortes und die Geschichte demokratisch wirksamer Frankfurter. Beide Aspekte werden zu einem Projekt. Eben Mensch Frankfurt.
Eine 4- geschossige, begehbare Holzkonstruktion wird als permeable Begrenzung des Raumes zwischen der Hauptwache und der beginnenden Zeil platziert. Damit wird die historische, heute nicht mehr spürbare räumliche Fassung im Bereich Rossmarkt und Schillerplatz aufgegriffen.
In dem Gerüst werden bis zu 32 Boxen untergebracht. Diese Boxen betragen ca. 3 x 3,50 Meter in der Grundfläche und sind ca. 4 Meter hoch. Sie haben eine Außen- und eine Innenwirkung. Nach Außen sind zeitgenössische stark verpixelte Bilder der Menschen auf eine transparente Hülle aufgebracht. Von Innen sind die Boxen wie kleine Kabinette begehbar und geben Auskunft über die jeweiligen Lebensläufe. Die Inhalte der Boxen sollten einem regelmäßigen Wandel unterliegen, damit möglichst viele Menschen eine Bühne bekommen. Es geht vor allem darum, auch weniger bekannten, oder prominenten Wegbereiterinnen und Wegbereitern eine Plattform zu geben.
Die entstehenden Räume sowohl zur Zeil, als auch zur Hauptwache bekommen nun einen Rücken, der zusätzlich als Basis und Hintergrund für viele Aktivitäten, wie Aufführungen, Reden, Konzerte, oder Kleinsportveranstaltungen dienen kann.
Das Gerüst wird im gesamten Erdgeschoss offen sein. Dort sind kleine Boxen im Sinne eines „tiny forest“ und verschattete Bänke aufgestellt. Das gesamte Projekt hat die Ausmaße von 40 auf 20 Meter in der Grundfläche und 19 Meter Gesamthöhe. Es ist vollständig in modularer Bauweise konzipiert und kann deswegen in kurzer Zeit auf- bzw. abgebaut werden.
Beispiel für die Bespielung einer der Kabinette
Rose Schlösinger, geborene Ennenbach, (geboren am 5. Oktober 1907 in Frankfurt (Main); gestorben am 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee) war eine deutsche Widerstandskämpferin. Wie ihr Mann Bodo Schlösinger gehörte sie zum Berliner Widerstandskreis um Mildred und Arvid Harnack („Rote Kapelle“). Rose Schlösinger wurde am 5. August 1943 vom Frauengefängnis Barnimstraße ins Strafgefängnis Plötzensee gebracht und dort um 19.21 Uhr mit dem Fallbeil hingerichtet.